Anfang Juni 2015 hat das UNESCO International Network in Bioethics mit Sitz in Haifa, Israel, verkündet, dass die internationale Forschungsgruppe an der Fakultät III – Medien, Information und Design der Hochschule Hannover (HsH) um Prof. Dr. Gerhard Fortwengel ab sofort das Label „UNESCO Unit for Bioethics“ erhält, was eine hohe Anerkennung der Forschungsarbeit der hannoverschen Wissenschaftler bedeutet und ihnen ein weltweites Netzwerk für die zukünftige Zusammenarbeit mit den anderen Units eröffnet.

Das Label wird an wissenschaftliche Einrichtungen vergeben, die sich besonders um die Ausbildung und Anwendung medizinischer Ethik in Theorie und Praxis kümmern. „Wir freuen uns sehr über diese Anerkennung unserer Arbeit. Da wir viele Projekte mit Partnern der Dritten Welt haben, hilft uns das Label enorm, weil es sehr renommiert und bekannt ist. Außerdem ist es äußerst motivierend, dass das UNESCO International Network unsere Forschungsziele und Ideen unterstützen wird“, so Prof. Dr. Fortwengel. Wir – das ist sein engagiertes Team: Dr. Dnyanesh Limaye, wissenschaftlicher Mitarbeiter aus Indien, Dr. Vaidehi Limaye, Professor an der Universität Mumbai, Dr. Sam Ibeneme, Gastwissenschaftler aus Nigeria, und Firas Fneish von der American University of Science and Technology in Beirut, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Arbeitsgruppe angehört.

 

Zusammen betrachten sie zurzeit den Bereich der medizinischen Forschung in Entwicklungsländern unter dem Gesichtspunkt ethischer und gesetzlicher Bedingungen. Einer der aktuellen Forschungsschwerpunkte ist die Arzneimittelentwicklung in den sogenannten Low-Income-Ländern: Die hannoverschen Wissenschaftler prüfen, ob die Patienten, die an den Studien der Pharmaindustrie teilnehmen, auch von den Ergebnissen dieser Forschung durch eine spätere Marktzulassung der neuen Medikamente in ihren Ländern profitieren. Besonders Länder wie Nigeria, Uganda, Kenia oder Indien haben (noch) kein stabiles System für die regulatorische sowie ethische Genehmigung von klinischen Studien, was die Durchführung dieser Studie unter Umständen erleichtert. In diesen Ländern sollen die Pharmafirmen, als Sponsoren und Initiatoren dieser Studien, nach international geltenden Standards arbeiten und der Versuchung widerstehen, es „einfacher zu haben“. Unter anderem hinterfragen die Forscher, inwieweit den Ärzten in diesen Ländern internationale Standards bekannt sind, die letztendlich die Sicherheit der teilnehmenden Patienten sowie die Verlässlichkeit der erhobenen Daten zur Beurteilung der Sicherheit und Wirksamkeit einer neuen Substanz gewährleisten sollen.

 

In Deutschland gibt es nur zwei Forschungsgruppen, die zum UNESCO-Netzwerk gehören – und beide sind in Hannover tätig. Das Team von Prof. Dr. Nils Hoppe, der das Centre for Ethics and Law in the Life Sciences der Leibniz Universität Hannover leitet, wurde ebenfalls als UNESCO Unit for Bioethics anerkannt. Insgesamt existieren lokale Einheiten in 43 Ländern. Ihre Leiter treffen sich bei der Internationalen Konferenz „Bioethics, Medical Ethics and Health Law”, wo sie über ihre Arbeit berichten, das Netzwerk ausbauen und in Diskussionen zu den aktuellen Forschungsthemen die Informationen und Erfahrungen austauschen können. „Ich bin gespannt, neugierig und freue mich sehr über neue internationale Kontakte und Anregungen für weitere Zusammenarbeiten in diesem für die klinische Forschung so wichtigen Bereich“, sagt Prof. Dr. Gerhard Fortwengel über seine erste UNESCO-Konferenz.

 

Herr Fortwengel ist Professor für Klinische Forschung an der HsH im Studiengang Medizinisches Informationsmanagement und lehrt vor allem zu regulatorischen und ethischen Aspekten der medizinischen Arzneimittelforschung. Außerdem organisiert er jedes Jahr die Summer School „Introduction to clinical research“, die vor allem internationale Studierende sechs Wochen lang in das Arbeitsgebiet der klinischen Arzneimittelforschung einführt. Das nächste Forschungsprojekt der Arbeitsgruppe steht auch schon fest: Es ist eine große HIV-Studie in Nigeria, die mit der Aufnahme des ersten Patienten in den nächsten Wochen beginnt.